Champ und Sylvia haben sich auf das "Motoretta-Scooter-Festival 99", vom 18.6.-20.6.99 in Hahn (Hunsrück) getraut. Hier der ultimative Bericht:

"Mit dem Scooter-Festival 99 wollten die Herausgeber der "Motoretta" erstmals versuchen ein Treffen zu organisieren, bei dem die verschiedensten Gruppierungen all derer, die sich heutzutage so Rollerfahrer nennen, zusammengebracht werden.
Ob Plastik- oder Blechroller, Racer oder Oldie, Mofa- oder Führerscheinpflichtig, italienisch oder japanisch, alles sollte kommen. Bei dieser riesigen Zielgruppe wurde dann auch mit 5-6 Tausend Besuchern!!! kalkuliert. Zumindestens wurde dieses den Händlern erzählt, die einen Stand buchen wollten (Ansonsten wäre wohl auch niemand bereit gewesen, die horrenden Standmieten zu bezahlen - Kommerz statt Fun lautet die Devise).

Es scheinen auch genügend Firmen geglaubt zu haben, denn einige Anbieter bauten Stände auf, wie sie der internationalen Zweiradmesse würdig wären. Das dies wohl etwas übertrieben war, dürften die Händler bereits am Freitagnachmittag gemerkt haben, denn als wir so gegen 10 Uhr abends auf dem Platz eintrafen, waren so ca. 30 - 40 Besucher anwesend. Dieser "Ansturm" war aber wohl schon zu viel, denn von den Organisatoren war niemand in der Lage Auskünfte zu geben, wo welche Party stattfinden sollte, oder ähnliches. Dafür funkten jede Menge Warnwestenbekleidete kreuz und quer über das Gelände. Nach dem Zeltaufbau machten wir uns auf die Suche nach den "Mega-Party-Events mit den kompetenten DJ's". Auf dem unbestritten geilen Gelände (ein ehemaliger Militärflughafen) konnte man sich schon leicht verlaufen. Daher fuhren denn auch die meisten. War ja auch kein Problem, auf Privatgeländen gibt es keine Alkoholkontrollen und ehemalige Landebahnen sind breit genug für exzessives Schlangenlinienfahren. Die Techno-, House-, Mainstreamparty fand mangels Masse nicht so richtig statt. Die Halle wurde irgendwann in der Nacht geschlossen, da die beiden Thekenbedienungen sich ziemlich allein vorkamen.

Am Samstag wurde diese Halle erst gar nicht aufgemacht. So versammelten sich so ziemlich alle Anwesenden in dem zweiten "Shelter". Ein ehemaliger Bunker mit Halle für Flugzeuge und Räumen für die Besatzungen. Aber selbst hier war der Bereich mit Tanzfläche und DJ-Pult die ganze Nacht leer. Im hinteren Bereich war ein Thekenraum eingerichtet. Hier schob man zwei Biertische und einige Bänke zusammen und schon konnten fast alle Besucher des Treffens zusammensitzen (wo hat man so etwas familiäres schon). In Verbindung mit größeren Mengen berauschender Getränke entwickelte sich eine sehr lustige Runde, aus der auch der Running-Gag des Wochenendes hervorging: "Wir sind aber mal gespannt über den Bericht in der nächsten Motoretta, hi, hi, hi!" Ohne nennenswerte Ereignisse ging so der erste Abend zuende, wobei es aber eigentlich schon wieder hell wurde. Am Samstag vormittag warteten alle auf den großen Ansturm an Tagesgästen. Der blieb aber aus. über den Tag verteilt kamen zwar noch einige Rollerfahrer. Aber mehr als 200 bis 300 Leute waren dann auch am Samstag nicht da. Am Zeltplatz standen so ca. 50 Zelte. Abgesehen von den Rollern, die die Händler zu Demozwecken angekarrt hatten, dürften auch annähernd so viele Roller am Platz gewesen sein. So herrschte bei den Händlern die meiste Zeit gähnende Langeweile.

Die Hauptbeschäftigung war mit irgenwelchen Pizza-Rollern Hin-und-Herzufahren. Parrallel dazu verliefen auf einer benachbarten Kartbahn die Trainigsläufe der ADAC-Scooter-Trophy. Wovon im Vorfeld jedoch nicht die Rede war: Wollte man das angekündigte Rennen am Sonntag anschauen war normaler Eintritt fällig, die Teilnehmer aus dem Fahrerlager mußten dafür aber auch noch den Eintritt für das Scooterfestival zahlen, wenn sie abends mal bei der Party vorbeischauen wollten. Einiges was angekündigt war, fand gar nicht statt, wie zum Beispiel der "große private Rollerteilemarkt. Auch wenn man einen Roller probefahren wollte, wurde man von den Händlern eher abgewimmelt. Für die Qualität der Veranstaltung in Sachen Roller sprechen auch die Ergebnisse der Customshow. "Best Custom" gewann ein Rex 50 Baumarktroller mit Anhänger, der mit diversen Amerikafähnchen und verchromten Plastikadlern customized war. Best Chopper (oder eher Shopper) ging an Stefan von den Slys, der einen zusammenklappbaren Elektroroller mitgebracht hatte (was bei dem weitläufigen Gelände sehr praktisch war). Der Abend wurde mit einem wirklich sehr gelungenem Live-Act eingeläutet. Zwei extra aus Lübeck angereiste Jungs sangen deutsche Schlager zu Jamaika-Ska. Abgerundet mit coolen Outfits und stilvoller Bühnendekoration eine wirklich gute Show, der nur leider das Publikum fehlte. Anschließend legten Tim, Olli und Christian aus Bremen den von Scooterruns gewohnten Sound, sprich Soul der sechziger und siebziger Jahre. Wobei Olli und Christian spontan für Casey einsprangen, der sich etwas schwach fühlte. Mit bekannten Hits konnten auch immer wieder Leute auf die Tanzfläche gezogen werden, aber es waren einfach viel zu wenig Leute da, um wirklich Stimmung aufkommen zu lassen. Im Thekenbereich war deutlich mehr los als am Freitag. Anstelle von 2 waren so 4 bis 5 Biertische belegt.

Durch das Zusammentreffen verschiedener Gruppierungen entwickelte sich zeitweise eine relativ aggressive Stimmung, die sich später ausdehnte. Obwohl zu diesem Zeitpunkt vielleicht gerade mal 50 Leute auf der Party waren, war der Veranstalter dem überhaupt nicht gewachsen. Tagsüber liefen zwar Dutzende von Cool-Kids in Warnwesten über den Platz und spielten Mr.Wichtig, von einer Security war jedoch weit und breit keine Spur. Das war wohl auch der Grund, warum der Veranstalter selbst die Polizei gerufen hat um die Veranstaltung zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings schon ein wenig Inventar in Mitleidenschaft gezogen worden. So konnte man auch am Sontag vormittag keine Getrünke kaufen und bekam nicht einmal den Pfand von 3,- DM pro Becher zuröck. Auch packten die Händler das, was von ihren Ständen übriggeblieben ist bereits am Sonntag vormittag zusammen, obwohl eigentlich bis 18 Uhr !!! Programm sein sollte. Zusammenfassend kann man dieses Treffen wohl guten Gewissens als Flop bezeichnen.

Das Konzept, die verschieden Szenen zu einer zusammenzuführen ist nicht aufgegangen. Leute, die aus überzeugung einen antiquierten Blechroller fahren, kann man einfach nicht mit denen zusammenwürfeln, die aus praktischen Gründen eine Automatikfuffy fahren. Dazu kommt, daß die Veranstalter mit der Organisation völlig überfordert waren. Da sie selbst mit dieser geringen Zahl an Besuchern nicht fertig geworden sind, stellt man sich besser nicht vor, was passiert wäre, wenn tatsächlich einige Tausend Besucher gekommen wären.

Mit Genugtuung kann man feststellen, daß nach der "Extravaganza" ein weiterer Versuch fehlgeschlagen ist, die Rollerszene zu kommerzialisieren."